Stift Griffen: Geschichte

Franzisceischer Kataster - © Marktgemeinde GriffenStift Griffen (Grebinjski klošter) – das einstige Prämonstratenser-Chrorherrenstift "Sankt Maria im Griffental" – befindet sich ungefähr zweieinhalb Kilometer nordwestlich des Ortszentrums von Griffen, am Fuße der südöstlichen Ausläufer der Saualpe, wo der Grafenbach durch die Grafenbachschlucht in das einstige Griffental, die Ebene von Altenmarkt (Stara Vas), und in den Griffner See fließt. Der Ortsteil hieß früher "Oberndorf" – so ist er auch noch im Franzisceischen Kataster von 1827 erwähnt; später wurde der heute zur Marktgemeinde Griffen zählende Ortsteil in "Stift Griffen" umbenannt.

Das Stift wurde laut Urkunde 1236 gegründet und 550 Jahre später, nach zwei verheerenden Bränden (1648 und 1750) im Zuge der Josephinischen Reform 1786 aufgelassen. Während seiner aktiven Zeit war das Kloster für die Region von großer wirtschaftlicher und kultureller Bedeutung. Auch nach der Auflösung des Stifts blieb die Pfarre von Stift Griffen, die über mehrere Katastralgemeinden verfügt, als Wallfahrts- und Marienheiligtum ein religiöses Zentrum und war lange Zeit Mittelpunkt des kulturellen Lebens der Kärntner Slowenen dieser Region: Der Gottesdienst wurde auf Slowenisch und Deutsch abgehalten; die Matrikeln (Tauf-, Sterbe- und Seelenbücher) sind in einer Mischung beider Sprachen abgefasst. Die Altartücher, Opferstöcke, Kreuzwegtafeln oder Grabsteine am Friedhof zeugen auch heute noch von der slowenischen Sprache und Kultur der Bevölkerung.

Seit 1956 ist der vordere Teil des Stiftshofs im Besitz der Familie Duller, die dort eine Gastwirtschaft, den "Stifterwirt", betreibt (eine erste Gaststätte wird bereits 1610 urkundlich erwähnt). Dieser Teil der Liegenschaft, zu der ursprünglich auch der Meierhof des ehemaligen Stifts etwas abwärts des Grafenbachs (siehe Franzisceischer Kataster von 1827) zählte, war nach der Säkularisierung des Klosters in den Besitz der gräflichen Familie Helldorf gekommen, der heute noch die anschließenden Felder von Altenmarkt und Teile des Waldgebiets um Stift Griffen gehören.

Ab den 1980er Jahren verlagerte sich das religiöse Zentrum sukzessive in den Ort Griffen. Im Stift finden nur noch selten Gottesdienste statt; nur noch kleine Teile der Liturgie werden in slowenischer Sprache gesprochen. Viele alte slowenische Grabsteine wurden im Zuge einer Graberneuerungsaktion durch neue deutsch beschriftete ersetzt.

Bau- und kunstgeschichtlich zählt das ehemalige Stift mit seiner "Wehrkirche" zu den bedeutendsten Klosteranlagen Kärntens. Als einzige Niederlassung des Prämonstratenserordens in Kärnten und dem ehemaligen "Innerösterreich" ist das Stift auch kirchengeschichtlich relevant.

Zeittafel:

Die Gründung der "Marienkirche in Oberndorf" geht, so die Vermutungen der Historiker, entweder auf das Bistum Salzburg oder auf das aus Rheinland-Pfalz stammende Adelsgeschlecht der Spanheimer zurück, das ab der Mitte des 12. Jh. die Herzöge Kärntens stellte. Das genaue Gründungs- oder Weihedatum ist unbekannt.

Spanheimer: Mächtiges Adelsgeschlecht aus Rheinland-Pfalz mit großen Besitztümern, die vom Stammsitz Sponheim über Gebiete in Bayern, das Herzogtum Kärnten, Tirol bis nach Venetien und Istrien reichten.

1235: wird die Kirche als Sitz einer Propstei genannt, was bedeutet, dass sie zur Hauptkirche der Region ernannt wurde und/oder zum Kloster mit einem Propst als Vorstand, der die kirchenpolitisch bedeutende Position eines Prälaten innehatte.

Propsteikirche und Propstei: Die Bezeichnung 'Propstei' oder 'Propsteikirche' (lat. ecclesia praepostia) gilt als eine Art Ehrentitel, mit dem Papst oder Bischof eine Kirche zur Hauptkirche einer Region ernennen. Der Pfarrer dieser Kirche darf den Titel Propst führen und eine entsprechende Chorkleidung tragen. Eine 'Propstei' bezeichnet auch eine selbstständige oder abhängige klösterliche Niederlassung, der ein Probst (lat. praepositus) vorsteht (vergleichbar mit einer Abtei und Abt/Äbtissin). Bei den Augustiner-Chorherren oder den Prämonstratensern wird der Propst vom Stiftskapitel gewählt und erhält vom Bischof die Abtsbenediktion, die ihm den Rang eines wirklichen Prälaten verleiht, der in der Ämterhierarchie gleich auf den Bischof folgt.

1236: Bischof Ekbert von Bamberg gründet bei der bereits bestehenden Probsteikirche ein Stift und übergibt es dem Prämonstratenserorden; urkundliches Gründungsdatum: 5. April 1236.  

Ekbert von Bamberg: Geb. um 1175 als Sohn des Adelsgeschlechts von Andechs-Meranien, ab 1203 Bischof von Bamberg, Berater des Staufer-Kaisers Friedrich II., gest. am 5. Juni 1237 in Wien, begraben im Bamberger Dom.

1237: Prämonstratenser aus dem fränkischen Stift Veßra (oder Vessra) in Thüringen/Diözese Würzburg, dem Mutterkloster von Stift Griffen, werden angesiedelt und beginnen mit der Errichtung von Kirche und Stiftsgebäuden. Unterstützt werden sie von den Grafen von Heunburg, die in der Nähe von Stift Griffen (bei Haimburg) ihren Stammsitz hatten; sie gelten als wichtige Wohltäter des Ordens. Im selben Jahr bestätigt Papst Gregor IX. die Besitzungen des Stifts, zu denen zahlreiche Bauernhuben, Weingärten bei Wolfsberg, eine Schwaige auf der Saualpe, zwei Gärten und Wald beim Kloster zählten sowie reiche Landbesitzungen in der Gegend bei Ruden, Dürrenmoos und Reichenfels.

Prämonstratenser: Die Prämonstratenser sind ein römisch-katholischer Orden regulierter (nach der Ordensregel lebender) Chorherren oder Chorfrauen. Sie wurden 1121 von Norbert von Xanten (1080-1134) im Waldtal von Prémontré in Frankreich (lat. Praemonstratum) als Klostergemeinschaft gegründet. Der Name "Prämonstratenser" leitet sich vom Waldgebiet ab, sie werden aber auch nach ihrem Gründungsvater "Norbertiner" genannt. Norberts Nachfolger Hugo von Fosse (gest. 1164) strukturierte die Gemeinschaft nach dem Vorbild der Zisterzienser zu einem Orden mit einer monastischen Verfassung und Statuten und einheitlichen liturgischen Riten. Grundlage bildet die Ordensregel des heiligen Augustinus, die eine Verwaltung der Gemeinschaft durch einen Propst und einen Dechant vorsieht. Der Orden besteht aus einem Zusammenschluss selbständiger Klöster, die aber mit ihrem Gründungs- oder Mutterkloster in Verbindung stehen. Die Ordensmitglieder sind mehrheitlich Priester (nicht Mönche) mit Ordensgelübde (Armuts-, Enthaltsamkeits- und Gehorsamkeitsgelübde), die sich auf Seelsorge und Gebet konzentrieren; sie sind erkennbar an ihrem ausschließlich weißen Habit. In Österreich gibt/gab es neben Stift Griffen fünf weitere Prämonstratenser-Stifts- bzw. Klosteranlagen: Stift Geras (NÖ), Stift Pernegg (NÖ), Stift Schlägl (OÖ), Stift Wilten (Tirol) und das Himmelpfortkloster (Wien; Nonnenkloster, aufgelassen).

1272: Die neue Stiftskirche "Mariä Himmelfahrt" oder "Maria Haslach" wird fertiggestellt und durch Bischof Herbert von Lavant geweiht.

15. Jh.: Als Schutz vor den Türken wird um den Kirchhof eine Befestigungsmauer mit Schießscharten errichtet.

Türkeneinfälle: Den Berichten des Chronisten Jakob Unrest zu Folge kam es in Kärnten im 15. Jh. zu insgesamt fünf Einfällen türkischer Reiterhorden, die vor allem Plünderung, Zerstörung und die Verbreitung von Schrecken zum Ziel hatten. Die zu Wehrburgen ausgestatteten Kirchen, die sogenannten "Wehrkirchen", dienten der Landbevölkerung wie Schutzburgen als Zufluchtsorte.

1573: Nachdem Stift Veßra im Zuge der Reformation 1573 aufgehoben und säkularisiert wurde, übernahmen das Kloster Oberzell bei Würzburg und danach das bayerische Kloster Steingaden die Rolle des Mutterklosters.

1648: Ein Brand vernichtet das Wirtshaus, den Pferdestall und Teile des Klosterbereichs.

18. Jh.: Um 1700 kompletter Neubau des Stiftsgebäudes.

1738: Das Generalkapitel des Prämonstatenserordens löst die Verbindung von Stift Griffen mit der bayerischen Ordensprovinienz und teilt es der böhmischen Abtei Louka (Klosterbruck) zu.

1750: Ein Kaminbrand löst einen Großbrand aus, bei dem das Stift völlig niederbrennt.

18 Jh.: Errichtung der überlebensgroßen Figur der Immaculata.

1786: Im Zuge der Kirchenreform von Kaiser Joseph II. erfolgt am 19. Mai 1786 die Aufhebung des Stifts, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen (Verschuldung durch Brände). Die Stiftskirche wird zur Pfarrkirche, die erste Pfarrkirche wird nun "Alte Pfarrkirche" genannt.

Zu Stift Griffen gehörten durch Inkorporation auch mehrere kleine Kirchen der Umgebung: Greutschach (1238), St. Peter in der Perau (1280), Haimburg (1281), Wolfnitz (vor 1451), Weißenegg (vor 1521), Markt Griffen (1696). Zwischen 1280 und 1817 war dem Stift auch die wichtige Wallfahrtskirche Heiligenkreuz und das St.-Katharinen-Hospital in Villach inkorporiert.

Informationen und Fotografien im Internet

  • Dekanat Völkermarkt 
  • Stift Griffen (Wikipedia)
  • Reiseführer des Prämonstratenserordens
  • Stift Griffen (Bildmaterial, Wiki)
  • Liste der Prämonstratenserorden (Wiki)
  • Wehrbauten in Österreich
  • Historische Fotos von Stift Griffen (um 1914) auf der Website "picryl.com": Chorgestühl, Sakristeischrank, gepölzte Refektoriumsdecke, Kachelofen, Kreuzgang, Fassade der Stiftskirche, Stuckornamentik in der Stiftskriche, Grabstein in der Stiftskirche und gotische Freskenreste in der "Friedhofskirche"
  • Foto des K.u.K. Kriegspressequartiers vom Hochaltar der Stiftskirche (1918) auf der Website "Kulturpool"
  • Juwelen unserer Kulturlandschaft: Sonnenuhr, Ziegelgitterfenster, Pälaturportal, Missionskreuz
  • Kulturdreieck Südkärnten: Bildgalerie
  • Sakralbauten Österreichs
  • Kulturatlas

Literatur: 

  • Backmund, Norbert: Monasticon Praemonstratense, Bd. 1, Berlin / New York 1983, S. 6-9.
  • Deuer, Wilhelm: Jauntaler Kulturwanderungen. Ein kunstgeschichtlicher Begleiter durch den Bezirk Völkermarkt. Klagenfurt 2001.
  • Faust, Ulrich: Die Klosterlandschaft Kärntens. In: Johannes Grabmayer (Red.): Schatzhaus Kärntens. Landesausstellung St. Paul 1991. 900 Jahre Benediktinerstift – Beiträge. Klagenfurt 1991, S. 35-41.
  • Kirchheim, Engelbert: "Wie die Unglaubigen das Land vast verderbt". In: Johannes Grabmayer (Red.): Schatzhaus Kärntens. Landesausstellung St. Paul 1991. 900 Jahre Benediktinerstift – Beiträge. Klagenfurt 1991, S. 117-124.
  • Körner, Günther: Griffen im Spiegel seiner Vergangenheit. Eine kleine Geschichte von Burg und Markt Griffen bis zum Jahre 1759. Klagenfurt 1969.
  • Körner, Günther: Ein geschichtlicher Rückblick. In: Christian Wieser (Hg): Schlossberg Griffen. Festung der Artenvielfalt. Raubritter, Dämonen & Federgeistchen. Klagenfurt 2005, S. 27-48.
  • Kreuzer, Anton: Die Stifte und Klöster Kärntens. Klagenfurt 1986.
  • Lapeller, Matthias (Hg.): Kirchen, Klöster und Kultur. Begegnungsräume in Kärnten. Klagenfurt 2001.
  • Mehling, Franz (Hg.): Knaurs Kulturführer in Farbe. Österreich. München/ Zürich 1977.
  • Neumann, Dieter: Neues aus Alt-Villach. Beiträge zur Stadtgeschichte. Museum der Stadt Villach, 47. Jahrbuch 2010, Kapitel Die Türkeneinfälle nach Kärnten.
  • Russwurm-Biró, Gabriele (Hg.): Die Kunstdenkmäler Österreichs. Kärnten (=Dehio Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs). 3. erweiterte und verbesserte Auflage. Wien 2001.
  • Schroll, Beda: Das Prämonstatenser-Stift St. Maria zu Grifenthal in Unterkärnten. (AVGT 16 Klagenfurt 1886) 113, S. 10.
  • Webernig, Evelyne (u. a.): Geschichtliches über Griffen (= Ausstellungskatalog des Kärntner Landesarchivs, 15). Klagenfurt 2005.
  • Wolf, Adam: Die Aufhebung der Klöster in Innerösterreich 1782-1790. Ein Beitrag zur Geschichte Kaiser Joseph’s II. Wien 1871.
  • Wölfing, Günther (Hg.): Das Prämonstratenserkloster Veßra: Urkundenregesten 1130-1573. Mit einem Verzeichnis der weiteren archivalischen Quellen. (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Große Reihe Bd. 18) Köln / Weimar / Wien: Böhlau Verlag 2010, S. 14 (Anmerkung, Urkundliche Erwähnung des ersten Propsts von Stift Griffen), 245-247 (Beschlüsse über den Lebenswandel der Mönche in Stift Griffen), 293, 451.
  • Žák, Alphons: Österreichisches Klosterbuch. Statistik der Orden und Kongregationen der Katholischen Kirche in Österreich. Wien 1911, S. 10.
  • Zu Mitteilungen über das ehemalige Kloster in der Zeitschrift "Analecta Praemonstatensia" siehe den Registerband "Index generalis" zu den Jahrgängen 1968 bis 1999 (erarbeitet von Ulrich Leinsle), Averbode 2002, S. 206.