Die Geschichte bis 1759

Die historische Bedeutung der Burg Griffen im Laufe der Jahrhunderte

Noch immer prägen romantische Vorstellungen das Bild der mittelalterlichen Burg als Wohn- und Verteidigungsobjekt. Tatsächlich waren ihre Funktionen viel komplexer - als Träger von Herrschaftsrechten ebenso wie als Symbol für den gesellschaftspolitischen Anspruch ihres Besitzers.

Lage, Größe und Ausstattung einer Burg waren zwar wehrtechnisch bestimmt, in gleichem Maße aber auch Ausdruckform der repräsentativen Öffentlichkeit im Feudalsystem. Die römisch-deutschen Kaiser aus der sächsischen Dynastie (919-1024) haben mit ihren Güterschenkungen besonders die kirchlichen Institutionen begünstigt, weil beim Adel wegen der Erblichkeit der Lehen familiär-dynastische Überlegungen die Reichsinteressen zu überlagern begannen. Da für die Kaiser aber die Verkehrswege in den Süden für ihre Romreisen (etwa für die Kaiserkrönungen!) und militärischen Feldzüge von fundamentaler Bedeutung waren, haben sie die davon betroffenen Gebiete vorzugsweise hohen geistlichen Würdenträgern (z. B. die Brennerstrecke den Bischöfen von Brixen, Trient etc.) übergeben. Nicht zuletzt unter diesem Gesichtspunkt hat auch Kaiser Heinrich II. (1002-1024) dem von ihm 1007 gegründeten Bistum Bamberg - wofür er 1147 heilig gesprochen wurde - umfangreiches Königsgut im Herzogtum Kärnten übereignet, darunter Villach, das Kanaltal und das obere Lavanttal.


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Ähnliches geschah etwa auch im oberösterreichischen Kremstal bis Spital am Pyhrn, um Rottenmann und im Lungau. Bamberg wurde durch diese Schenkungen nach dem Erzbistum Salzburg der zweitmächtigste Feudalherr in Kärnten und konnte im Gegensatz zu anderen Bistümern und Hochstiften (wie Brixen und Freising) seinen Kärntner Besitz auch in Zeiten der Entfremdung von Kirchengut (wie etwa während des Investiturstreits 1077-1122) behaupten und seine Herrschaftsrechte in den österreichischen Erblanden bis zum Verkauf an den österreichischen Ärar im Jahre 1759 festigen. In erster Linie bedeutete der Kärntner Besitz für Bamberg ergiebige Einkünfte aus Bergbau (Lavanttal), Handel und Verkehr (Villach) sowie den grundherrschaftlichen Erträgnissen. Das Bistum strebte auf seinen Kärntner Besitzungen jedoch auch die Exemtion bzw. Immunität (die Unabhängigkeit gegenüber den örtlichen Gerichts- und Verwaltungsinstanzen) an, was im Mittelalter aufgrund der bescheidenen Machtbasis der Herzöge und der allgemein zersplitterten Machtverhältnisse im Lande gelang.
Bamberg besaß die Gerichtsbarkeit, genoss Steuerfreiheit, war von den Hilfeleistungen bei kriegerischen Auseinandersetzungen befreit und konnte unbeschränkt die Regalien wie Bodenschätze, Zollrechte etc. nutzen. Seit dem 16. Jh. haben sowohl die habsburgischen Landesfürsten wie auch die politisch erstarkten Landstände die Rechte der exterritorialen Herren im Lande zurückgedrängt. Das Bistum Bamberg musste sich in einem Rezess von 1535 weitgehend dem Kärntner Landrecht unterordnen und im so genannten Ewigen Rezess (Rezessus perpetuus) von 1674 auch auf letzte Sonderrechte verzichten. Obwohl dafür keine Schriftquellen vorliegen, vertritt die Forschung heute mehrheitlich die Meinung, das urkundlich bereits 822 erwähnte Gebiet um Griffen wäre erst einige Zeit nach der Bistumsgründung Heinrichs an das Bistum Bamberg gekommen. Am ehesten dürfte der Griffner Besitz von den Grafen von Spanheim herrühren, bevor sie 1122 in der Nachfolge der Eppensteiner Herzöge von Kärnten wurden. Ein 1090 anlässlich der Dotierung des spanheimischen Hausklosters St. Paul genannter Stadelhof Griffen ( „...stabulariam curtim Griuina...“) war vielleicht ein Rechtsvorgänger der späteren Burg, befand sich aber wohl noch nicht in derart beherrschender Lage am Burgberg. Möglicherweise ist sie wie viele andere Kärntner Burgern während des Investiturstreits (1077-1122) zum Schutze der bambergischen Herrschaftsrechte und des Verkehrsweges über den Griffner Berg angelegt worden.

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Als sich Bischof Eberhard II. am 14. Februar 11 60 zu Pavia von Kaiser Friedrich Barbarossa bestätigen ließ, dass einige namentlich genannte Bamberger Burgen niemals als Lehen ausgegeben werden dürfen, wird Griffen unter denjenigen genannt, die schon „de antiquo“, von alters her, dem Bistum gehörten. Bamberg hatte offenbar mittlerweile wie andere geistliche Lehensherren auch schlechte Erfahrungen mit der Entfremdung von Lehensgütern gemacht (auch das benachbarte Weißenegg sollte zumindest zwischenzeitlich und Wasserleonburg im unteren Gailtal auf diese Weise dauernd Bamberg verloren gehen). Diese urkundliche Nennung ist zugleich die älteste der Burg; aus ihr geht hervor, daß sie zumindest 1146 (in welchem Jahr Bischof Eberhard II. sein Amt angetreten hatte) schon bestanden haben muß. Am Höhepunkt der politischen Macht Bambergs, die auch durch dynastische Verflechtungen begünstigt wurde, stiftete Bischof Ekbert aus Gütern seines verstorbenen Bruders Berthold, dem Markgrafen von Istrien, unweit der Burg die Prämonstratenserabtei Griffen (1236), und wenige Jahre später durfte Bamberg in Griffen nach Friesacher Gepräge Münzen schlagen (1242). Am Fuße der Burg entstand zu dieser Zeit eine Marktsiedlung, über die gleichfalls Bamberg die Herrschaft ausübte.

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Die beherrschende Lage auf dem eindrucksvollen Triaskalkfelsen rund 130 m über Markt, Kloster und Fernstraße sicherte der Burg Griffen auch weiterhin eine hervorragende Bedeutung. Sie ist in der Folge niemals als Lehen ausgegeben und auch nie verpfändet worden. Nur während des Aufstandes Ulrichs von Heunburg gegen die Landesfürsten aus dem Hause Görz-Tirol überließ der bambergische Hauptmann Gottfried von Bickenbach 1292/93 den Aufständischen die Burg. Viele Heunburger Urkunden wurden daraufhin auf Burg Griffen ausgestellt, was ihre Bedeutung unterstreicht. Nach deren Niederlage am Wallersberg ( 14. März 12 93) wurde sie jedoch sofort wieder den bischöflichen Vertrauensleuten rückerstattet. Die Türken behelligten die Burg nicht, und im Ungarnkrieg ab 1480 verhielt sich Bamberg neutral und entging damit sowohl einer Besetzung wie auch anderen militärischen Aktionen. Die umfangreichen Herrschaftsrechte Bambergs in Kärnten bedingten eine straffe Organisation. An der Spitze der Güterverwaltung stand vom 13. bis ins 18. Jh. der Vizedom, der seit der Zeit Bischof Wernthos (1328-1335) dauernd auf Burg Wolfsberg im Lavanttal residierte. Von großer Bedeutung war im 13. und 14. Jh. auch der bambergische Hauptmann, der militärische und polizeiliche Funktionen vereinigte. 1504 wurde diese Funktion zugunsten einer Erweiterung der Befugnisse des Vizedoms abgeschafft. Bis 1378/79 werden auch in der Zentralverwaltung Pfleger genannt, danach nur noch auf der Ebene der lokalen Verwaltung. Die Burg Griffen dürfte zunächst von Burggrafen verwaltet worden sein, die im 12. Jh. als Herren von Griffen bezeichnet wurden. Im 13. und frühen 14. Jh residierte jedoch hier der bereits erwähnte bambergische Hauptmann, womit Griffen für diesen Zeitraum eine zentrale Rolle in der militärischen und polizeilichen Verwaltung Bambergs in Kärnten zukam. Ein erster Kastellan namens Pilgrim wird 1272 erwähnt. Danach wurden vom Vizedom Pfleger (Verwalter) eingesetzt, denen auch die Landgerichtspflege - damals eine zusätzliche Einnahmsquelle - zustand.
Zusätzlich zur Pflegamtsverwaltung wurde schon im 14. Jh. das Kastenamt zur Verwaltung der grundherrschaftlichen Abgaben und Zinse geschaffen. Dem Kastner, der seine Wohnung im Markt hatte, waren zur Unterstützung zwei Amtleute zugeteilt. Trotz der überragenden strategischen Bedeutung von Griffen besaß die Burg keine hohe Gerichtsbarkeit (das Recht über Leben oder Tod), sondern lag im Sprengel des gegen 1300 vom Landgericht um Heunburg abgetrennten Landgerichtes von Weißenegg bei Ruden. Diese Burg war zunächst bambergisch gewesen, hatte aber aus unbekannten Gründen Besitzer und Lehensherren gewechselt und konnte erst im Jahre 1425 unter Bischof Friedrich von den Grafen von Cilli zurückgetauscht werden.

Nach Wiedervereinigung beider Herrschaften unter einem Besitzer erteilte Kaiser Friedrich III. 1491 die Erlaubnis, das Weißenegger Landgericht nach Griffen zu übertragen, was zusätzlich die Bedeutung dieser Burg unterstreicht. Das Landgericht Weißenegg reichte von der Saualpe (Wölfnitz) bis nach Wunderstetten an der Drau, in seinem Sprengel befanden sich auch die Burgfriede (Niedergerichtsbezirke über nicht todeswürdige Verbrechen) Schloss Griffen, Markt Griffen, das Amt Lavamünd östlich der Lavant, St. Peter am Wallersberg, Markt St. Paul im Lavanttal und die Burgfriede Löschental und Rabenstein des Hofgerichtes St. Paul im Lavanttal. Noch bevor Griffen und Weißenegg wieder unter gemeinsamen Bamberger Besitz standen, musste 1354 ein Streit um die Gerichtsbarkeit im Markt Griffen durch einen Schiedsspruch geschlichtet werden, während eine ähnliche Regelung mit dem Markt St. Paul kurz nach dem Erwerb von Weißenegg durch Bamberg 1427 zustande kam.

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Mit der Burg Griffen war auch eine umfangreiche Grundherrschaft verbunden, die vom so genannten Kastenamt verwaltet wurde und deren Erträgnisse dem Bistum Bamberg zuflossen. Gemäß der Theresianischen Rektifikation (einer ersten staatlichen Einheitswerterhebung) umfasste das Kastenamt Griffen 151 grunduntertänige Bauernhuben bei einem Schätzwert von fast 80.000 Gulden. Der Krieg mit Venedig (ab 1508), die Türkenbedrohungen von 1529 (erste Belagerung Wiens) und 1532 (verheerender Durchzug durch die Oststeiermark) erzwangen noch einmal eine Reaktivierung der Griffner Verteidigungsanlagen. Spätestens in diesem Zeitraum wurden die komplexen Vorwerke, Zwingeranlagen und Schalentürme neu gebaut oder zumindest verbessert.

Mit dem Ende des Fehdewesens und der direkten Türkenbedrohung, der landrechtlichen Unterordnung Bambergs und der neu organisierten Landesdefension durch die Landstände erlosch jedoch die strategische Bedeutung der Burg im Laufe des 16. Jhs. Schon im 17. Jh. verfiel sie zusehends, wenngleich die Abbildungen bei Merian (1649) und Valvasor (1688) noch den Eindruck einer repräsentativen Residenz vermitteln. Im 18. Jh. waren nur mehr einige Zimmer bewohnbar, und die verbliebenen Herrschaftsrechte wurden andernorts exekutiert. Die ärarische Verwaltung ab 1759 war schließlich an einer Instandhaltung der Burg überhaupt nicht mehr interessiert, auch wenn die patrimoniale Gerichtsbarkeit und die bäuerliche Grunduntertänigkeit erst 1848 ein Ende fanden. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Burg Griffen für den Unterkärntner Besitz des Bistums Bamberg während des Mittelalters von hohem militärischen Wert war. Sie war „eine der stärksten und am Ende des 13. Jh. heftig umkämpfte Festung des Landes“ (W. Neumann). Ihre größte strategische und administriative Bedeutung genoss sie im 13. und 14. Jh.; durch die neuzeitliche Veränderung des politischen Gefüges im Lande verlor sie seit dem zweiten Viertel des 16. Jhs. rasch an Bedeutung und war bis zum Verkauf der bambergischen Herrschaften im Jahre 1759 nur noch als erträgnisreiche Herrschaft von Interesse.

Dr. Wilhelm Deuer

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